Über den Todestag und die Todesumstände von Wilhelm Schmelzeisen berichtet die Regimentsgeschichte des 3. Grenadier-Regiments zu Fuß:
„Schwerster Kampftag
Der heißeste Tag der Kämpfe vor Le Mesnil wurde der 16. März. Bereits um 5.45 Uhr vormittags setzte starkes Infanteriefeuer gegen den rechten Abschnitt A ein. Der Gegner brach auch zum Angriff vor, kam aber nur wenig über die eigenen Gräben hinaus, da ihn unser Feuer fasste. Wahrscheinlich war, wie wir es in Perthes erlebt hatten, auch nur eine Täuschung beabsichtigt, die uns zu einer möglichst engen Grabenbesatzung veranlassen sollte. Systematisch begann der Gegner nun ein verheerendes Minenfeuer auf die rechten Flügelkompanien. Der vorbildlich tapfere Leutnant von Pannwitz fiel, Leutnant der Reserve Albrecht wurde am Halse verwundet, die Verluste häuften sich mehr und mehr, schließlich gelang es starken feindlichen Kräften trotz tapferster Gegenwehr an mehreren Stellen, die vorderste Stellung zu durchbrechen und sich im Rücken der Kompanien des Bataillons Plehwe einzunisten. Trotz dieser verzweifelten Lage hielten sich die Besatzungen.
Da kam von dem Nachbarbataillon des Infanterie-Regiment 68, dem linken Flügelregiment des VIII. Armee-Korps die Meldung, dass es umgangen sei und deshalb noch weiter zurückgehen müsse. Zugleich kam dringend von dem Bataillons-Adjuntant selbst überbracht die Bitte um Hilfe. Das schon stark geschwächte Regiment gab die 2. und 4. Kompanie ab zur Unterstützung der gefährdeten Kameraden in der rechten Flanke. Es war aber unter diesen Umständen unmöglich, die vorderste Stellung zu halten, da sie im Rücken bedroht rechts vollkommen in der Luft hing. Um 5 Uhr nachmittags gab das Regiment den Befehl, die vorderste Stellung zu räumen und auf die alte Artilleriestellung zurückzugehen, die bereits von Teilen des Bataillons Grolman besetzt war. Mit bewundernswerter Tapferkeit schlugen sich die schwachen Kräfte durch den überlegenen Feind hindurch und wurden in der Schlucht von ihrem Kommandeur, Hauptmann von Plehwe, gesammelt. Die Leute waren von den furchtbaren Anstrengungen und den grauenhaften Bildern, die sich ihnen in dem Kampf geboten hatten, vollkommen erschöpft und teilweise so verwirrt, dass nur ein Teil von ihnen gleich wieder in Stellung gehen konnte.
Der zweite Brennpunkt des Kampfes war die Stellung am Sanitätsgraben. Auch hier setzte schon am frühen Morgen starkes Artilleriefeuer ein, das um 11.30 Uhr durch ein verheerendes Minenfeuer verstärkt wurde. Trotz Verschiebungen der Grabenbesatzung konnte auch hier nicht starke Verluste vermieden werden. Nach und nach wurden die 1. und 3. Kompanie von dem Reservebataillon des Abschnitts A eingesetzt, die teilweise am Sanitätsgraben wie z. B. der Zug Reuter = 1. Kompanie bis zur sogenannten Brücke, einer überdeckten Stelle der vordersten Stellung, vorging. Da die Verluste sich immer mehr häuften, ging die Grabenbesatzung allmählich zurück. Inzwischen war aber die alte Artilleriestellung westlich vom Sanitätsweg von der 8. Kompanie des Bataillons Loebell, untermischt mit Mannschaften der 7. und 1. Kompanie, besetzt worden, während der Sanitätsgraben von 2 Zügen der 1. Kompanie gehalten wurde. Die Franzosen – es waren Marokkaner – hatten inzwischen den Graben an der Brücke besetzt und versuchten gegen 5.30 Uhr von Südosten her und den Sanitätsgraben entlang in unsere Stellung einzubrechen. In hellen Scharen kamen sie grinsend mit gefälltem Bajonett schon den Abhang herunter auf die alte Artilleriestellung, als Leutnant der Reserve Muermann, 8. Kompanie, der vorher schon sich die Erlaubnis zum Sturmangriff vom Regiment geholt hatte, und unabhängig davon zu gleicher Zeit der Führer der 1. Kompanie den Befehl zum Gegenstoß gab. Bei dem Anblick der todesmutig vorstürmenden Grenadiere der 8. und 1. Kompanie stutzten die Marokkaner, winkten mit dem Turban, vielleicht, um sich zu ergeben, vielleicht aber auch, um der eigenen Artillerie ein Zeichen zu geben. Dann setzte ein wahnsinniges Sperrfeuer der Franzosen ein, das durch flankierendes Maschinengewehr-Feuer noch verstärkt wurde, und unsere wie ihre eigenen Truppen hinmähte. Leutnant Muermann, vor seiner Kompanie herstürmend, fand den Heldentod. Beide Offiziere der 1. Kompanie wurden schwer verwundet. Wer von den Stürmern nicht rechtzeitig in demn Sanitätsgraben Deckung finden konnte, war verloren.
Die Opfer dieses Gegenstoßes waren sehr schwer, es war aber damit die größte Gefahr abgewendet, denn der Feind war nur noch 150 Meter vom Regimentsgefechtsstand entfernt. Der Gegenstoß war auch die einzige Möglichkeit einer Abwehr, weil die Mannschaften für eine ruhige Verteidigung zu erschöpft, durch das Vorstürmen wieder Frische und Tatkraft bekamen. Die Franzosen ferner mussten so auch zu dem Glauben kommen, dass wir noch über beträchtliche Kräfte verfügten. An dieser Stelle haben sie keinen Angriff mehr gewagt.
Gegen 7 Uhr griff der Gegner den Abschnitt B so heftig an, dass noch der größte Teil der 10. Kompanie eingesetzt werden musste. Aber auch dieser Angriff wurde blutig abgeschlagen.
Noch am Abend trafen zwei Bataillone, III./Landwehr-Infanterie-Regiment 87 und I./Landwehr-Regiment 133 zur Verfügung des Regimentskommandeurs ein.
Die Regimentsstellung wurde nun in drei Unterabschnitte geteilt. Den rechten Teil (A) übernahm Hauptmann von Plehwe (Rest des II./3. Grenadier-Regiment und III./Landwehr 87), die Mitte bei dem Sanitätsgraben Major der Reserve von Grolman (Reste I./3. Grenadier-Regiment, 6./1. Grenadier-Regiment; 9./3. Grenadier-Regiment, 12./Landwehr 87), den linken Abschnitt (B) Hauptmann der Landwehr Zillmer (F. ohne 9. und 10. Kompanie). Das L.-Bataillon war damit wieder aufgelöst, I./Landwehr 133 und 10./3. Grenadier-Regiment (Hauptmann von Loebell) standen zur Verfügung des Regiments in der Küchenschlucht.“
Die Lage des Grabes von Wilhelm Schmelzeisen ist unbekannt.