Sonderbeitrag: Hans Butt

Der Soldat Hans Butt wurde am 07.09.1895 in der niedersächsischen Gemeinde Drochtersen geboren. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Fähnrich und später als Leutnant und Kampanieführer der 9. Kompanie des 74. Reserve-Infanterie-Regiments. Am 17.04.1917 fiel er im Alter von 21 Jahren während der Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne in Frankreich. Er wurde während der Kämpfe am Winterberg bei Corbeny und Craonne getötet.

Kämpfe am Winterberg 10.04 – 25.05.1917

Über den Todestag und die Todesumstände von Hans Butt berichtet die Regimentsgeschichte des 74. Reserve-Infanterie-Regiments:

„Die Ereignisse dieses schweren Tages vom 16. bis 18. April lassen sich nicht einheitlich schildern, da jede Kompanie verschiedenen Gesetzen, je nach Lage ihres Abschnitts, unterwarfen war. Ein lebenswahres Bild erhalten wir nur dadurch, wenn wir den Berichten von Kampfteilnehmern aus mehreren Kompanien folgen. Als erstes hören wir den Führer der 10. Kompanie, Leutnant Elble:

„“Ich war indessen am ersten Graben angelangt und sprang hinein, gleichzeitig kamen schon die anderen Kompanien hinter mir im Sturmschritt angelaufen. Alles sprang in den Graben und suchte Deckung. Es blieb uns auch gar nichts anderes übrig, denn wir alle waren ja wie auf dem Präsentierteller den feindlichen Maschinengewehren ausgesetzt, ohne dass wir den Feind sehen und ihn bekämpfen konnten. Die Gräben waren nun vollgepfropft mit Menschen. Der Franzmann schickte uns außer den sogenannten „Ratschern“ auch noch schwere Granaten herüber, und es gab wieder Tote und Verwundete, da mehrere Volltreffer in die Gräben einschlugen.

Leutnant Butt, Führer der 9. Kompanie, und ich berieten nun, was zu tun sei. Es war mittlerweile 5.30 Uhr geworden und die Dämmerung sank herab. Da wir hier nicht bleiben konnten, sondern erfahren mussten, ob vor uns Feind oder Freund war, schlossen wir, mit äußerster Vorsicht vorzugehen. Mit entsicherter Pistole in der Hand und begleitet von etwa zehn tapferen und zuverlässigen Gefechtsordonnanzen, gingen Leutnant Butt und ich (ob Leutnant Lütge [Kompanieführer 11.] oder Leutnant Bartels [Kompanieführer 12. Kompanie] auch dabei waren, weiß ich nicht mehr) voran, gefolgt in einigem Abstand von den Kompanien. Als wir ungefähr 100 Meter vorwärtsgeschritten waren, hörten wir plötzlich in kurzer Entfernung Stimmen. Wir blieben stehen und lauschten: es waren gut bayerische Flüche. Also Freund!

Wir gingen weiter und kamen nun zu den diesseits an der Reimser Straße liegenden Truppen. Der Führer der Bayern, ein Hauptmann, bei dem wir uns meldeten, sagte, er habe seinen Augen nicht getraut, als er plötzlich deutsche Truppen in mustergültiger Ordnung wie früher im Manöver über die Höhe habe herabkommen sehen, und es sei ihm furchtbar zu Mute gewesen, wie plötzlich stärkstes feindliches Maschinengewehrfeuer in unsere Reihen hineingefahren sei, ohne dass er etwas dagegen habe tun können. Wir seien sehr willkommen, da nur noch wenige Posten hier vorn ständen und die Franzosen über der Straße drüben lägen.

Wir verteilten nun unsere Leute als Posten für die Nacht. Unter der Reimser Straße waren nur Bretterstollen und Fuchslöcher, die von Bayern besetzt waren, und in denen wir unterkrochen. An Schlaf war nicht zu denken, denn zu jeder Sekunde konnte der feindliche Angriff wieder erneuert werden. Der Feind beschoss die ganze Nacht das Gelände mit leichter und schwerer Artillerie, und mancher unserer braven Leute erlitt hier den Heldentod. In diesen Löchern unter der Reimser Straße war es sehr ungemütlich, sie hatten nur einen Ausgang und boten nur ganz geringe Deckung. Alle Augenblicke schlug eine Granate auf die Straße und drohte, den Stollen einzudrücken.

Mit unserem Bataillon hatten wir auch am 17. Spril morgens noch keine Verbindung. Ich schickte eine Ordonnanz mit einer Meldung über die Lage nach hinten. Um die Mittagszeit ertönte plötzlich von den Posten der Ruf: „Sie greifen an!“ Alles springt sofort an die Böschung der etwas höher gelegenen Reimser Chaussee. und richtig, drüben kommt der Franzmann mit dem blauen Stahlhelm teils in den Laufgräben, teils über freies Feld herangesprungen. Mit den unangenehmen 7,5-mm-Granaten überschüttet die feindliche Artillerie unsere Stellung, um den Angriff zu unterstützen. Mancher unserer tapferen Soldaten fällt oder wird verwundet, u. a. Leutnant Benz, der einen Gewehrschuss durch beide Knie erhält.

Wir können uns um die Toten und Verwundeten zunächst nicht kümmern. Zuerst gilt es den heranstürmenden Feind abzuwehren. Leutnant Butt steht neben mir, hat ein Gewehr in der Hand und schießt ununterbrochen, wie ich auch. Der Feind wirft sich hin und sucht Schutz, da er von uns unter mörderisches Schützen- und Maschinengewehrfeuer genommen wird.

Da bemerken wir, dass durch den Laufgraben auf uns zu 6-8 Franzosen in gebückter Stellung heranschleichen. Wir beide und noch ein paar Mann neben uns springen auf die Reimser Straße, und auf dem Straßenrand kniend werfen wir unsere Handgranaten auf die heranschleichenden Feinde. Plötzlich sehe ich, wie im Laufgraben weiter hinten ein Franzose sein Gewehr gegen uns anschlägt. Ich bücke meinen Oberkörper zu Boden und scheie „runter“ und turne die Böschung herab, um das Gewehr zu holen. Als ich es habe und mich zu Leutnant Butt wende, sehe ich ihn auf der Straße liegen, wie ich vor zwei Sekunden auch lag. Ich schieße nun auf den Franzosen, ob ich ihn traf, weiß ich nicht, jedenfalls war er nach dem Schuss weg.

Als ich Leutnant Butt nun immer noch so regungslos wie vorhin daliegen sehe, rutsche ich, nichts Gutes ahnend, hinüber und drehe ihn herum. Da sehe ich seitlich auf seiner Stirne ein kleines Loch, aus dem Blut tropft. Die Kugel traf ihn durch den Kopf und ließ ihn mitten im Kampfe, den er heldenhaft und siegessicher mit Todesverachtung führte, einen schönen, jungen Soldatentod, den Tod vor dem Feinde sterben. Mir tat das Herz weh. Butt war mir ein lieber Kamerad und bei Vorgesetzten wie Untergebenen allgemein beliebt gewesen. Ich zog ihn von der Straße herunter und bestimmte sechs Leute, die sofort seine Leiche nach hinten bringen mussten. Ein jugendlicher, tapferer, mit hohen Geistesgaben ausgestatteter, echt deutscher Mann und Offizier, so lebt er weiter in unserem Gedächtnis“

Dem damaligen Vizefeldwebel, späteren Leutnant Graßmann verdanken wir folgenden Bericht über die Tätigkeit der 9. Kompanie:

„Im Morgendämmern des ersten Tages nach dem Einrücken in die neue Stellung lag wieder lebhaftes Artilleriefeuer auf den Kampfgräben des Regiments und ließ einen neuen Angriff vermuten. Aber die Posten waren wachsam. Schon nach kruzer Zeit rief ihr Alarm die Besatzung aus den Stollen: „Der Franzmann kommt!“ In dichten Massen kamen die blauen Mäntel auf uns zugelaufen. Sie ahnten wohl nicht, wie sehr die deutschen Linien über Nacht verstärkt worden waren. Stahlhelm an Stahlhelm stand die 9. Kompanie auf den Schützenauftritten ihres Grabens und sah sich hinter der Deckung hervor das Schauspiel an. Noch schwieg ihre Front. Der Befehl von Leutnant Butt: „Noch nicht schießen, erst rankommen lassen“ hielt sie zurück. Dann – auf 40-50 Meter waren die Angreifer herangekommen – das Kommando „Feuer!“ Heraus aus den Gewehren und den zahlreich vorhandenen Maschinengewehren, was heraus ging. Hei, wie die Blauen purzelten! Sie stockten, sie lagen. In wenigen Minuten war der Angriff restlos zusammengebrochen. Was noch lebte im Vorfeld, kroch in die vielen Gräben der alten deutschen Stellung in Deckung.

Bald schwieg das Feuer der Verteidiger, weil sich kein Ziel mehr bot. Aber bei der 9. war man durch den schönen Erfolg in Stimmung gekommen und tatendurstig geworden. Sieh, da springt als erster der Unteroffizier Karl Meyer aus dem Graben heraus, winkt die nächsten vier, fünf Leute seiner Gruppe heran, jeder rafft sich einen Arm voll Handgranaten, und los geht’s zum „Gegenstoß“ im kleinen. Da ist ja gleich vor ihnen so ein alter deutscher Laufgraben. An dem entlang laufen sie vorwärts, der muss mal untersucht werden. Richtig, hinter der nächsten Ecke wimmelts darin von schwarzen Franzosen. Handgranaten hinein, eine Salve und noch eine und noch eine. Weiter! Das kühne Beispiel hat Schule gemacht: überall sieht man kleine Trupps aus den deutschen Gräben hervorbrechen und ins Zwischengelände vorlaufen. Bald aber empfängt sie die französische Gegenwehr, und nun müssen sie Deckung nehmen in dem alten Laufgraben. In diesem kommen sie noch ein Stückchen voran, dann sperrt ihn ein betonierter Maschinengewehr-Stand; die von den Franzosen gehaltene Linie ist erreicht.

Also „Kehrt marsch!“ ungefährdet geht der Rückmarsch vonstatten. Zwei blutjunge Negerlein werden zitternd und schlotternd im Vorgelände aufegefunden und als Gefangene mitgenommen. Willkommene Beute an Lebensmitteln für hungrige Soldatenmägen findet sich auch noch: köstliche Fleischkonserven aus Argentinien u. a. Fröhlich erreichen sie wieder den eigenen Graben, aber trübe Kunde empfängt sie dort. Eben trägt man den allverehrten Kompanieführer Leutnant Butt davon – tot! Ein teurer Preis für einen schönen Sieg!

Man begrub Hans Butt auf dem Soldatenfriedhof Sissonne in Block 9, Grab 195.

In Stotel gedenkt man Hans Butt noch heute auf einem Denkmal: http://www.denkmalprojekt.org/2023/stotel_gem-loxstedt_lkr-cuxhaven_wk1_wk2_ns.html

In Stellung am Reichsackerkopf – Von rechts nach links: Oberleutnant Engel, Leutnant Haase, Fähnrich Butt, Offiziersstellvertreter Eschenbüscher, Landsturmmann Stephan, Gefreiter Riese

Die Männer des Ersten Weltkriegs – Teil 2.322: Hermann Klaus

Der Soldat Hermann Klaus wurde am 23.01.1891 geboren und stammte aus Altenmahrhorst, heute ein Ortsteil der niedersächsischen Stadt Twistringen. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Sergant in der 2. Batterie des 88. Fuß-Artillerie-Bataillons. Er wurde mit dem Eisernen Kreuz 1. und 2. Klasse ausgezeichnet. Am 09.08.1918 fiel er im Alter von 26 Jahren bei Lihons.

Man begrub Hermann Klaus auf dem Soldatenfriedhof Peronne in Block 2, Reihe B, Grab 36.

Hier ein Beitrag zur Begräbnisstätte von Hermann Klaus, wo auch sein Name aufgelistet ist: http://www.denkmalprojekt.org/2017/peronne_brit_kriegsgraeber_departement-somme_hauts-de-france_frk.html

Sterbebild von Hermann Klaus
Rückseite des Sterbebildes von Hermann Klaus

Sonderbeitrag: Hauptmann Max Freiherr von Toll

Der Soldat Max Freiherr von Toll wurde am 06.09.1876 in Oldenburg im heutigen Bundesland Niedersachsen geboren. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Hauptmann im Stab des 95. Infanterie-Regiment. Am 18.08.1916 wurde er zum Major befördert. Am 02.04.1918 wurde er an das Leib-Grenadier-Regiment 109 überwiesen. Am 12.10.1918 wurde er bei Banthéville schwer verwundet und verstarb nach dem Krieg an dieser Verwundung.

Über den Tag seiner schweren Verwundung berichtet die Regimentsgeschichte des 109. Grenadier-Regiment:

„Gegen 2 Uhr morgens am 12. Oktober richtete eine feindliche Granate des fortwährend auf dem ganzen Gelände liegenden Streufeuers im Regimentsstab große Verheerungen an. Einige Grenadiere und Soldaten des Infanterie-Regiments 171, die als Melder dem Regimentsstab zugeteilt waren, fanden den Tod, gegen 10 Mann trugen Verwundungen davon. Außer diesen wurde noch der Regimentsführer, Major Freiherr von Toll, der Regimentsadjutant, Oberleutnant von Hofer und der Ordonnanzoffizier, Leutnant der Reserve Herrmann, verwundet. Oberleutnant von Hofer starb nach wenigen Tagen in Stenay, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.“

Der Ort der schweren Verwundung von Max Freiherr von Toll:

Die Lage des Grabes von Max Freiherr von Toll konnte ich bislang nicht ermitteln.

Hauptmann Max Freiherr von Toll (rechts) und Hauptmann Hans von Seebach (links)

 

Sonderbeitrag: Oberleutnant Hermann Stöve

Der Soldat Hermann Stöve stammte aus Varel im heutigen Bundesland Niedersachsen. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Oberleutnant im 95. Infanterie-Regiment, war jedoch abgeordnet in die 12. Kompanie des 233. Reserve-Infanterie-Regiments. Am 05.04.1916 fiel er belgischen Flandern an der Westfront. Er wurde während der Stellungskämpfe an der Yser getötet.

Man begrub Hermann Stöve auf dem Soldatenfriedhof Langemark in Block B Grab 14069.

In Varel gedenkt man Hermann Stöve noch heute auf einem Denkmal: http://www.denkmalprojekt.org/2024/varel_lkr-friesland_wk1_ns.html

Oberleutnant Hermann Stöve

Kriegsopfer des Adels im Ersten Weltkrieg: Leutnant Prinz Ernst von Sachsen Meiningen, Herzog zu Sachsen

Der Soldat Prinz Ernst von Sachsen Meiningen Herzog zu Sachsen wurde am 23.09.1895 in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover geboren. Er kämpfte im Ersten Weltkrieg als Leutnant im 3. Eskadron des 16. Dragoner-Regiment. Am 26.08.1914 wurde er bei Bonnet in Belgien schwer verwundet. Ein Tag später, am 27.08.1914 verstarb er im Militär-Hospital in Maubeuge an seinen Wunden, drei Tage, nachdem sein Vater in Belgien gefallen war. Er wurde 18 Jahre alt.

Man begrub Prinz Ernst von Sachsen Meiningen auf dem Parkfriedhof Meiningen.

Leutnant Prinz Ernst von Sachsen Meiningen Herzog zu Sachsen

SONDERBEITRAG: Die Suchanzeige der Mutter von Heino Schwoon

Beim Ankauf eines Konvoluts norddeutscher Todesanzeigen des Ersten Weltkriegs erwarb ich auch die nachfolgend abgebildete und recherchierte Anzeige der Mutter des Leutnants und Kompanieführers Heino Schwoon (laut Regimentsgeschichte war er Zugführer in der 4. Kompanie).

Der Soldat Heino (Heinrich) Schwoon wurde am 04.10.1887 in Oldenburg im heutigen Bundesland Niedersachsen geboren. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Leutnant und Kompanieführer der 8. Kompanie des 84. Reserve-Infanterie-Regiment. Am 04.08.1916 fiel er, galt jedoch bis Mitte 1917 als vermisst. Er wurde während der Schlacht an der Somme bei den Ortschaften Martinpuich-Pozières getötet.

Über den Todestag und die Todesumstände von Heino Schwoon berichtet die Regimentsgeschichte des 84. Reserve-Infanterie-Regiments:

„Die 11. Kompanie brachte den Kompanien des II. Bataillons Essen und Munition in dieser Nacht nach vorn.

Die Nacht vom 03. zum 04.08.1916 ging zu Ende. Wohl manch einer vom II. Bataillon mag dem kommenden Tag mit Unbehagen entgegengesehen haben. Kommt Tommy endlich heute? Hoffentlich. Denn noch einmal den ganzen Tag wehrlos bei dem heißen Wetter liegen, das ist ja nicht mehr zu ertragen. Das strahlende Morgenrot sollte manchem Kameraden zum letzten Mal leuchten:

Morgenrot, Morgenrot,

leuchtest mir zum frühen Tod!

Schon fing der Eisenhammer wieder an loszuschlagen. Granaten, Schrapnells, Minen, Gewehrgranaten schlugen in kürzester Zeit wieder in Trümmer, was eifrige Hände im Dunkel der Nacht gearbeitet hatten. Gegen Mittag war die ganze Stellung des Regiments ein wüstes Trichterfeld – Verbindung innerhalb der Kompanie, Züge, ja, teilweise zwischen den Gruppen, war nicht vorhanden. Jedweder Verkehr nach hinten und von den Stäben nach vorn war unmöglich.

Das Regiment hatte inzwischen die Ablösung des II. Bataillons durch das III. Bataillon befohlen.

Gleichzeitig sollte am Abend das I. Bataillon wieder nach vorn rücken: 1. Kompanie in der Belowstellung, 2. Kompanie in der Riegelstellung, 3. und 4. Kompanie in der Zwischenstellung.

Auch diese beiden Bataillone dachten mit Schrecken an die kommenden Tage, gingen doch manche ihrer Leute – es waren allerdings nicht mehr viele – zum dritten Mal in jene Hölle! Aber was hilft das alles: Befehl ist Befehl. Und dass trotz allem die Stimmung, wenn auch ernst, so doch ungebrochen war, wird am besten durch das tapfere Verhalten des Unteroffizier Mattfeld und Musketier Hubert und Suhr von der 11. Kompanie bewiesen. Als diese mittags hörten, dass ihre Kompanie am Abend die 8. Kompanie vorn ablösen sollte, da erboten sich diese drei unerschrockenen Männer freiwillig, gleich in den ersten Nachmittagsstunden nach vorn zur 8. Kompanie zu gehen, um deren Stellung zu übernehmen. Und was unmöglich schien, sie brachten es fertig, gelangten heil nach vorn. Nachdem sie sich vorn die Löcher, die den Graben darstellten, angesehen hatten, hasteten und jagten sie wieder durch das Artilleriefeuer zurück zu ihrer Kompanie, wo sie zur Freude ihrer Kameraden, wenn auch erschöpft, so doch heil und unversehrt wieder anlangten.

Als sich der Abend über diesen 04.08. herniedergesenkt hatte, traten die Kompanien des III. Bataillons zur Ablösung an. Wegen des immer noch starken Artilleriefeuers marschierten die einzelnen Züge mit 100 Schritt Abstand nach vorn.

Vorn beim II. Bataillon aber atmeten die Leute auf: „Ablösung!“ Weißt du noch, Kamerad, was uns dies Wort bedeutete, wenn wir Großkampftag hinter uns hatten? Nun bloß noch Stunden, dann noch einmal durchs Feuer durch. Und dann, wenn wir dann in den grauenden Morgen hineinmarschierten, der Sonne entgegen, waren wir da nicht andere Menschen geworden? Herrgott! Wir waren nicht feige, wir waren niemals mutlos! Aber wenn wir so tagelang dort vorn gelegen hatten, ausgehungert, halb verdurstet, wenn wir das Wimmern und Stöhnen unserer verwundeten Kameraden den ganzen Tag über mit anhören mussten, wenn wir den gefallenen Freund, mit dem wir noch vor wenigen Minuten sprachen, über den Rand unseres Granatlochs behutsam hinüberschoben, weil wir es einfach nicht über uns bringen konnten, dauernd in sein gebrochenes Auge zu sehen, wenn uns dann manchmal – sprechen wir ruhig im Frontdeutsch – die Scheoße bis oben ran stand – nun, wir waren eben auch nur Menschen!

So mochten wohl auch vorn die Leute vom II. Bataillon denken, als die Dunkelheit hereingebrochen war. Gott, an die Schießerei hatte man sich langsam ja gewöhnt. Laß Tommy ruhig auch mit Minen schießen, wie er es macht. Hat er die letzten drei Tage nicht angegriffen, dann kann er auch noch warten bis morgen. Warum sollen es schließlich die anderen besser haben als wir. „Marsch! Es ist schon ½ 11 Uhr! Die können nun auch bald kommen, uns abzulösen!“ – „Junge, Junge, wenn ich erst heute Nacht hinten bin, aber dann – schlafen, schlafen und nochmals schlafen!“

Manch einer der Kameraden vom II. Bataillon sollte nicht zu warten brauchen, bis er hinten war, um schlafen zu können. Er sollte nur zu bald zum Schlaf sich hinlegen, allerdings für immer!

Kurz nach 10.30 Uhr abends stieß der Engländer gegen die Front des II. Bataillons in 8 Sturmwellen vor. Die Reste der 5., 6. und 7. Kompanie, von denen über die Hälfte tot, verwundet oder verschüttet ist, setzen sich tapfer zur Wehr. Infanterie- und Maschinengewehrfeuer mäht in die dichten Reihen der Angreifer. Kein Befehl ist nötig, kann auch nicht durchgegeben werden, hier 2 Mann, dort 3, hier 5, dort einer allein – sie sind alle deutsche Soldaten, die beim Angriff des Feindes allein wissen, was sie zu tun haben: schießen, schießen und nochmals schießen. Da braust ein Hurra durch das Tosen der Schlacht: der Angriff stockt, zuviel sind beim Engländer gefallen, er weicht.

Kennst du noch das Gefühl, Kamerad, das uns beseelte, wenn der Feind zurückwich, jenes Gefühl des Stolzes, des Sieges, der Überlegenheit über den Feind, jenes Gefühl, das schier die Brust vor Freude sprengen wollte?! Lass ihn noch einmal kommen, den Feind! Dann soll er uns abermals kennen lernen!

Keine Viertelstunde war vergangen, als der Engländer zum zweiten Angriff vorbrach. Inzwischen war im Abschnitt der 5. Kompanie – ein leuchtendes Zeichen bester, treuester Frontkameradschaft . die zu ihrer Ablösung bestimmte 12. Kompanie eingetroffen.

Gemeinsam nahmen die Kompanien wieder die Abwehr auf. Die in Sappe 3 am linken Flügel – wo am 29.07. Hauptmann Schlettwein fiel – eingedrungenen Engländer wurden im kurz darauf einsetzenden Gegenstoß wieder hinausgeworfen. Kann sich die 5. Kompanie des Feindes erwehren, so gelingt es diesem, trotz aller Anstrengungen der 6. und 7. Kompanie in deren Graben einzudringen.

Der Kampf verebbt. So schnell wie möglich eilen die anderen Kompanien des III. Bataillons nach vorn, um ihren Kameraden vorn zu helfen in ihrer Bedrängnis. Sie gehen querbeet durch das Gelände in Richtung auf die ungefähre Lage der Stellung der abzulösenden Kompanien los, um ja keine Zeit zu versäumen.

Die 9. Kompanie, die sich an der großen Straße entlangtastet, erkennt schon rechts die Baumstümpfe des Weges Courcelette-Pozieres. Jetzt muss sie ja dicht am Graben der 8. Kompanie sein. Eben hat sie den Pozieres-Riegel überschritten, da schlägt ihr auf einmal ein verheerendes Gewehr- und Maschinengewehr-Feuer entgegen aus der Stellung der 8. Kompanie. Kein Zweifel! Die Stellung der 8. Kompanie ist vom Feind besetzt. „Stellung!“ schreit Oberleutnant Engel seiner Kompanie zu. Die bringen sofort ihre Gewehre vor, legen Handgranaten bereit. Und es war höchste Zeit. Denn schon drängt Tommy wieder beiderseits der Straße vor, um seinen Erfolg zu erweitern und womöglich durchzubrechen. An der heldenmutigen 9. Kompanie aber zerschellt sein Angriff!

In der Mitte des Regimentsabschnittes liegt die 6. Kompanie. Sie soll durch die 10. Kompanie abgelöst werden. Auch diese Kompanie hastet querbeet nach vorn. Mit keuchendem Atem kommt die Kompanie vorn an. Tak – tak – tak – tak – tak —-jagt Maschinengewehr-Feuer, krachen Handgranaten ihr entgegen. Auch hier sitzt Tommy in der deutschen Stellung. „Drauf!“ schreit Leutnant Lassen, der Kompanieführer, und stürmt seinen ihm ohne Bedenken folgenden Leuten voran. Vergeblich. Die susgepumpten Leute kommen nicht so schnell im Trichtergelände vorwärts. Inzwischen aber speien die englischen Maschinengewehre und Handgranaten Tod und Verderben zwischen die Reihen der stürmenden 10. Kompanie und halten grausige Ernte. Leutnant Lassen fällt, mit ihm viele brave Musketiere. Von der Kompanie selbst bleiben nur noch Trümmer übrig..“

Die Lage des Grabes von Heino Schwoon ist unbekannt.

Suchanzeige der Mutter von Heino Schwoon

Die Männer des Ersten Weltkrieges – Teil 1.681: Joseph Keseling

Der Unteroffizier Joseph Keseling wurde am 13.11.1893 in Duderstadt in Niedersachsen geboren. Im Ersten Weltkrieg diente er in der 7. Kompanie des 229. Reserve-Infanterie-Regiments. Am 10.08.1915 fiel er im Alter von 21 Jahren in Nordpolen während der Schlacht bei Ostrow. Die Lage des Grabes ist heute unbekannt. Es existiert wahrscheinlich nicht mehr.

Sterbebild von Joseph Keseling
Rückseite des Sterbebildes von Joseph Keseling

Die Männer des Ersten Weltkrieges – Teil 1.525: Heinrich Blome

Der Landsturmmann Heinrich Blome wurde am 01.10.1891 in Neuenmarhorst geboren, heute ein Ortsteil der niedersächsischen Stadt Twistringen. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er in der 12. Kompanie des 46. Infanterie-Regiments. Seit dem 21.07.1915 wurde er nach einem Gefecht bei Suchodoly während der Schlacht um Krasnostaw vermisst. Dann stellte es sich heruas, dass er verwundet in russische Kriegsgefangenschaft geraten war. Am 15.03.1916 verstarb er im Alter von 24 Jahren in russischer Gefangenschaft in einem Hospital zu Simbirsk an Flecktyphus.

Über den Tag der Gefangennahme berichtet die Regimentsgeschichte des 46. Infanterie-Regiments:

21.07.1915 Der Gegner hatte wohl am Tage vorher die Lücken rechts und links der Abteilung Stockmann erkannt und machte auf diese Stellen unter dem Schutze starken Nebels um 3.00 Uhr früh mit erdrückenden Massen überraschende Angriffe, die uns zwangen, die Stellung zu räumen und kämpfend an und auf den Rücken 231 zurückzugehen, wo die 5. Kompanie zur Aufnahme ausgeschwärmt war.

Die Rückwärtsbewegung geschah natürlich nicht einheitlich; Freund und Feind waren teilweise vermischt, die Verbände zerrissen, Überblick bei der Unsichtigkeit nicht möglich. Tatkräftige Führer: Hauptmann Fliegel, Oberleutnant von Schroetter, Leutnant Reinert, Leutnant Schirmeister, Leutnant der Reserve Burmeister, Leutnant der Reserve Kaiser, Offiziers-Stellvertreter Lüttig (7. Kompanie), die das Kriegstagebuch besonders nennt, Major von Platen vomn I./Reserve 46 u. a. rafften bald kampfkräftige Abteilungen zusammen, so dass es gelang, den russischen Angriff zum Stehen zu bringen, stellenweise auch in Rückzug zu verwandeln. Der Führer des III. Bataillons, Oberleutnant von Schroetter, wurde dabei tödlich verwundet, Leutnant Kaiser fiel.

Teilweise machten unsere Schützen schon auf dem vorderen Hange des Rückens 231 Front und hielten dort. Die 10. Kompanie unter Führung des Leutnants Burmeister blieb an ihrem Platz, grub sich im Halbkreis ein und wurde zunächst noch hinter Kirchbach belassen.

Infanterie-Regiment Kirchbach hatte nur die rechte, I./Reserve 46 und II./79 die linke Hälfte der Stellung besetzt. Der rechte Flügel wurde um den Nordrand von Suchodolny gebogen und bis an den Bach herangeführt.

Pioniere und ein Zug Schützen vom Division Kavallerie Regiment trafen in der Nacht als weitere Unterstützung ein. – Mit beigetriebenem Draht wurden Hindernisse hergestellt. Auch wurde versucht, die Fernsprechleitungen wieder in Gang zu bringen, die durch Nässe gelitten und gerade in der verhängnisvollen Nacht versagt hatten.

Mühe und Aufopferung erforderten auch die Zurückbringung der vor der Front liegenden Verwundeten, dabei taten sich rühmlich die Unterärzte Dr. Rademacher und Jacobi hervor.“

Offiziell ist keine Grablage für Heinrich Blome bekannt. Ich vermute jedoch, dass er von den russischen Behörden auf einem örtlichen Friedhof in Simbirsk begraben wurde. Das Grab besteht wahrscheinlich heute nicht mehr.

Sterbebild von Heinrich Blome
Rückseite des Sterbebildes von Heinrich Blome

Die Männer des Ersten Weltkrieges – Teil 1.474: Bernhard Sieverding

Der Landsturmmann Bernhard Sieverding wurde am 30.05.1886 in Twistringen bei Syke im heutigen Niedersachsen geboren. Im Ersten Weltkrieg diente er in der 2. Kompanie des 77. preußischen Infanterie-Regiments. Am 07.12.1915 fiel er im Alter von 29 Jahren während der Kämpfe an der Aisne bei Colligis durch einen Granatsplitter in den Rücken.

Die Grablage von Bernhard Sieverding ist offiziell unbekannt.

Sterbebild von Bernhard Sieverding
Rückseite des Sterbebildes von Bernhard Sieverding

Die Männer des Ersten Weltkrieges – Teil 1.468: August Buschmann

August Buschmann wurde am 12.02.1892 in Twistringen in Niedersachsen geboren. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er in der 7. Batterie des 10. Fuß-Artillerie-Regiments. Er war mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet worden. Am 17.04.1918 fiel er im Alter von 26 Jahren auf dem Weg zum Lazarett durch einen Granattreffer.

Man begrub August Buschmann auf dem Soldatenfriedhof Steenwerck in Block 1, Grab 144.

Sterbebild von August Buschmann
Rückseite des Sterbebildes von August Buschmann