Sonderbeitrag: Der Leutnant der Reserve und Theologiestudent Otto Herzog

Der Soldat Otto Herzog wurde am 28.07.1891 in der Stadt Reutlingen im heutigen Bundesland Baden-Württemberg geboren und war Student der Theologie (cand. theol.). Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Leutnant der Reserve (Volksbund, Regimentsgeschichte) bzw. Vizefeldwebel und Offizierstellvertreter in der 10. Kompanie des 120. Infanterie-Regiment. Am 31.08.1914 fiel er im Alter von 23 Jahren bei der Erstürmung der Höhen bei Mont-devant-Sassey.

Über den Todestag und die Todesumstände von Otto Herzof berichtet die Regimentsgeschichte des 120. Infanterie-Regiments:

„Der 31. August sollte einer der schwersten Kampftage des Bewegungskrieges werden. Das XIII. Armee-Korps lag mit seinen Gefechtsstaffeln westlich, mit den Reserven noch östlich der Maas, deren Ufer nur durch die eine Kriegsbrücke hinter dem äußersten linken Flügel bei Sassey miteinander verbunden waren. Man rechnete mit einem von Süden, Westen und Nordwesten erfolgenden umfassenden feindlichen Angriff, der auch tatsächlich um Mittag des 31. August begann, durch die vorzügliche Wirkung unserer Artillerie aufgefangen und im Gegenstoß zuungunsten der Franzosen entschieden wurde. Er galt der Wegnahme der hochgelegenen Wälder von Mont. Nachdem in den Vormittagsstunden die Artillerie dauernd gewirkt hatte, gelang es unter den denkbar schwierigsten Angriffsverhältnissen, Meter um Meter unter schwerem Artilleriefeuer erkämpfend, dem I. und III. Bataillon bis 5 Uhr nachmittags endlich in den Besitz des Waldrandes zu gelangen. Der Wald selbst konnte erst in den späten Abendstunden und, seines dichten Unterholzes wegen, nur auf einigen Schneides durchschritten werden. Mitten im Wald, beim Zusammenlauf von zahlreichen Wegen und Schneisen, kam es nochmals zu äußerst blutigen Nahkämpfen bei den Kompanien des III. Bataillons, wobei die Franzosen 3 Offiziere und etwa 80 Mann an Gefangenen einbüßten. Dieser Zusammenstoß auf nächste Entfernung mit dem vortrefflich eingenisteten Gegner, der mit Maschinengewehren das Dickicht abstreute, brachte den Kompanien, besonders der 10., beträchtliche Verluste. Hier fiel auch der junge allseitig beliebte Leutnant Lamparter.

Nun standen die beiden Bataillone am jenseitigen Waldrand. Ein weiteres Vorgehen war von der Führung zunächst verboten, auch sollte sich die Truppe möglichst der Sicht des Gegners entziehen. An eine Nachtruhe war trotz der Anstrengungen, die der Tag gebracht hatte, nicht zu denken. Jeden Augenblick musste damit gerechnet werden, dass der Gegner versuchen würde, sich wieder des Waldes zu bemächtigen oder dass hinterlistige Trupps sich in dem undurchsichtigen Dickicht regen würden. Mit Gewehr im Arm lagen die Kompanien gefechtsbereit.“

Man begrub Otto Herzog auf dem Soldatenfriedhof Brieulles-sur-Meuse in einem Massengrab.

Grab Leutnant Lamparter und Offizier-Stellvertreter Otto Herzog im Wald von Monton Leutnant Lamparter und Offizier-Stellvertreter Herzog im Wald von Mont

Sonderbeitrag: Das Grab des Leutnant Otto Herzog

Der Soldat Otto Herzog wurde am 28.07.1891 in Reutlingen im heutigen Bundesland Baden-Württemberg geboren. Er war Student der Theologie (cand. theol.). Im Ersten Weltkrieg kämpfte er als Leutnant der Reserve (Volksbund, Regimentsgeschichte) bzw. Vizefeldwebel und Offizierstellvertreter in der 10. Kompanie des 120. Infanterie-Regiment. Am 31.08.1914 fiel er bei Mont-devant-Sassey 46 Kilometer nordwestlich Verdun.

Über den Todestag und die Todesumstände von Otto Herzog berichtet die Regimentsgeschichte des 120. Infanterie-Regiments:

„Der 31. August sollte einer der schwersten Kampftage des Bewegungskrieges werden. Das XIII. Armee-Korps lag mit seinen Gefechtsstaffeln westlich, mit den Reserven noch östlich der Maas, deren Ufer nur durch die eine Kriegsbrücke hinter dem äußersten linken Flügel bei Sassey miteinander verbunden waren. Man rechnete mit einem von Süden, Westen und Nordwesten erfolgenden umfassenden feindlichen Angriff, der auch tatsächlich um Mittag des 31. August begann, durch die vorzügliche Wirkung unserer Artillerie aufgefangen und im Gegenstoß zuungunsten der Franzosen entschieden wurde. Er galt der Wegnahme der hochgelegenen Wälder von Mont. Nachdem in den Vormittagsstunden die Artillerie dauernd gewirkt hatte, gelang es unter den denkbar schwierigsten Angriffsverhältnissen, Meter um Meter unter schwerem Artilleriefeuer erkämpfend, dem I. und III. Bataillon bis 5 Uhr nachmittags endlich in den Besitz des Waldrandes zu gelangen. Der Wald selbst konnte erst in den späten Abendstunden und, seines dichten Unterholzes wegen, nur auf einigen Schneides durchschritten werden. Mitten im Wald, beim Zusammenlauf von zahlreichen Wegen und Schneisen, kam es nochmals zu äußerst blutigen Nahkämpfen bei den Kompanien des III. Bataillons, wobei die Franzosen 3 Offiziere und etwa 80 Mann an Gefangenen einbüßten. Dieser Zusammenstoß auf nächste Entfernung mit dem vortrefflich eingenisteten Gegner, der mit Maschinengewehren das Dickicht abstreute, brachte den Kompanien, besonders der 10., beträchtliche Verluste. Hier fiel auch der junge allseitig beliebte Leutnant Lamparter.

Nun standen die beiden Bataillone am jenseitigen Waldrand. Ein weiteres Vorgehen war von der Führung zunächst verboten, auch sollte sich die Truppe möglichst der Sicht des Gegners entziehen. An eine Nachtruhe war trotz der Anstrengungen, die der Tag gebracht hatte, nicht zu denken. Jeden Augenblick musste damit gerechnet werden, dass der Gegner versuchen würde, sich wieder des Waldes zu bemächtigen oder dass hinterlistige Trupps sich in dem undurchsichtigen Dickicht regen würden. Mit Gewehr im Arm lagen die Kompanien gefechtsbereit.“

Man begrub Otto Herzog auf dem Soldatenfriedhof Brieulles-sur-Meuse in einem Massengrab.

In seiner Heimatstadt Reutlingen gedenkt man noch heute Otto Herzog auf einem Denkmal: http://www.denkmalprojekt.org/2010/reutlingen_1870-71_wk1_bw.htm

Grab des Leutnant Lamparter und Offizier-Stellvertreter Herzog im Wald von Monton

Sonderbeitrag: Die Predigt [Trauerrede] für Franz Galgenmüller

Der Soldat Franz Galgenmüller wurde am 03.09.1892 in der bayerischen Gemeinde Unterfahlheim geboren. Er war angehender Priester (cand. theol.) im königlichen Georgianum München. Im Ersten Weltkrieg diente er als Offiziersstellvertreter und Offiziersaspirant im 15. bayerisches Infanterie-Regiment . Er wurde mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse und mit dem Bayerischen Verdienstkreuz mit Krone und Schwertern ausgezeichnet. Am 14.04.1917 fiel er im Alter von 24 Jahren bei Sissonne während der Kämpfe an der Aisne.

Der Text der Trauerrede von F. X. Hartmann, Domprediger in Augsburg:

„Hochansehnliche Trauerversammlung!

Meine lieben Landsleute!

Schwer spricht sich der Schmerz. Er macht den Menschen förmlich verstummen. Und doch muss das Lied von dem braven Mann erklingen, der am 16. August auf Frankreichs heiß umstrittenen Boden, im großen Entscheidungskampf um Deutschlands ganze Zukunft auf dem Felde der Ehre gefallen ist. Der Schmerz um ihn ist tief und innig, die Teilnahme allgemein und überwältigend, im stillen Heimatdörflein und draußen in den Schützengräben, bei „kleinen Leuten“ und bis hinauf in die höchsten Kreise. Auch unser hochwürdiger Oberhirte, obwohl serlber erkrankt, bezeugt sein Beileid. Aus ganz Deutschland und Österreich, aus der Schweiz treffen Teilnahmekundgebungen ein. Unsere Trauer gilt einem tapferen Helden, einem stets hilfsbereiten Kameraden und treuen Freunde, einem strebsamen Jünger der Wissenschaft, einem vielversprechenden Theologen, einem ausgezeichneten Bruder und edlen Sohn, dem Offizierstellvertreter Herrn Franz Galgenmüller von Unterfahlheim, Ritter des Eisernen Kreuzes, Inhaber des Bayerischen Verdienstkreuzes mit Krone und Schwertern, Kandidaten der Theologie im königlichen Georgianum in München.

Mir ist die harte, wenngleich ehrenvolle Aufgabe geworden, ihm in der Heimatkirche das letzte Wort widmen zu dürfen.

Vor seinem Ausmarsch (am 1. März 1916) hat mich der junge Feldgraue, der einst bei meiner Primiz und sonst noch öfters als Ministrant diente, den ich seinerzeit zur Aufnahmeprüfung ans Gymnasium vorbereitete, den ich fortan sozusagen an Leib und Seele habe wachsen sehen (wenn er falle), um die Trauerrede. Zur Antwort versprach ich ihm die Primizpredigt. Indes, statt ihn auf dem Kirchgang ins Heiligtum zu begleiten, muss ich euch jetzt an ein Heldengrab im Feindesland führen: Ein Grab ist wie ein Altar, wo im herben Schmerze geopfert wird.

Im Soldatenfriedhof zu Sissonne sehe ich einen Hügel, auf den ich die Inschrift setzen möchte: „Wanderer, hemme deinen Schritt und lüfte den Hut: Vergiss ein frommes Gebet nicht, ein Bayernheld hier ruht.“ Diesem jungen Helden gilt unsere Totenklage. Helden bejammert man nicht, Helden betrauert man, Helden ehrt man. Ein Kriegergrab bleibt der Stolz der Familie. „Ein Held ist, wer sein Leben Großem opfert“ (Grillparzen). Um deutschen Boden, deutschen Namen, deutsche Ehre zu verteidigen, schlug er sein Leben in die Schanze. „Noch hat der Franzose keinen Fußbreit Boden gewonnen,“ schreibt er am 13. April nach Speyer. Als er jedoch zwei Tage darauf seine Leute zum Gegenstoß führte, traf ihn die tückische Franzosenkugel. „Er ist gestorben als ein echter Held, als der er sich im Kampfe bewährt hatte.“ rühmt ihm sein Major nach. Und sein Leutnant versichert „dass in der Geschichte des Regiments auch der Name Galgenmüller mit goldenen Lettern verzeichnet sein wird.“ Was Wunder, dass seine tapfere Brust wohlverdiente Auszeichnungen schmückten und seine Beförderung zum Offizier unmittelbar bevorstand? Ein glänzendes Zeugnis für seine hervorragenden militärischen Fähigkeiten. Dabei war er – das verhehlen wir so wenig wie er selbst – einzig aus reinstem Pflichtgefühl, keineswegs aus Abenteuerlust, auch nicht aus bloßer Begeisterung Soldat. Die heutige Militärpädagogik erschien ihm, dem Idealisten, der noch nicht die Schwierigkeiten des Lebens erfahren, vielmehr in mehrfacher Beziehung reformbedürftig. Dazu kam noch, dass er den Wahnsinn eines Massenmordes im Kriege sowohl mit dem vernünftigen Denken als auch mit den Grundsätzen des Christentums, das eine Magna charta des Friedens und ein Programm der Liebe verkündet, fast nicht oder nur schwer vereinbaren konnte. Gewiss, Kriege wollen ist gottlos, Kriege machen verrucht, aber Kriege führen zur Abwehr ist heiliges Recht. Freilich, wenn wir alle, wir und unsere Feinde, ganze Christen wären, dann gäbe es keinen Krieg. Der Krieg ist der blutige Sohn der Sünde. Menschen haben mit ihren Leidenschaften den Weltbrand entfacht und nun soll Gott bereitstehen, ihn zu löschen? Heißt das nicht, den Schöpfer zum Diener des geschöpfes machen wollen? Dabei gibt es allenthalben noch Menschen, die noch nicht einmal angefangen haben, sich zu bessern und solche, die längst schon wieder damit aufgehört haben. Selbst der Schützengraben bildet keinen Wendepunkt in ihrem Leben und sogar das Eiserne Kreuz keinen Wegweiser zu neuen Bahnen. Das ist aber noch kein Heldentum, wenn ein Krieger nur im feindlichen Feuer Proben von Mut gibt, hinter der Front oder in der Ruhe aber sich von seiner Leidenschaft, wie Samson vom Weibe, besiegen lässt. Den Geist suchte Galgenmüller zu entfernen bei seinen Leuten. Als Korporal verwies er ihnen schmutzige Reden und zweideutige Lieder, durch welche unverdorbene Soldaten vergiftet werden und besprach mit ihnen öfters auch religiöse Angelegenheiten., die Zweifel und Rätsel, welche der Krieg aufgab und die nur Religion und Glaube lösen können. Abends betete er (wie ein Unteroffizier schrieb) gemeinsam in der Kaserne das Nachtgebet. „Beten sollt ihr, nicht fluchen“ riefb er beim Heulen und Krachen des Granathagels einem unwilligen Landsturmmann zu. Brauchen wir uns da zu wundern, wenn seine Leute ihm treu anhingen, wenn er besonders bei den alten Jahrgängen sich großer Beliebtheit erfreute, wenn ein herzliches kameradschaftliches Verhältnis sich unter ihnen herausbildete, wenn er mit einzelnen Regiments-Kameraden direkte Freundschaft schloss? Von einem gefallenen Freunde (Rainer Schmitz) sagte er: „Uns schlug einst in Treue ein einiges Herz, du warst mir lieb wie mein eigen Leben.“ Ein Nathanael, „an dem kein Falsch“ war, ein Jonathan von Gesinnung, unverdorben an Herz und Gemüt, war er schon im ersten Semester in seiner Korporation, dem deutschen katholischen Studentenverein Alemania, von seinen Bundesbrüdern am grünen Isarstrande ob seines schlichten, geraden Wesens hoch geschätzt. So ernst er auch war, fröhlicher Gesellschaft ging er nicht aus dem Wege. „Seine Größe war Bescheidenheit,“ schrieb eine edle Frau, nachdem sie ihn einmal gesehen und gesprochen. Diese Bescheidenheit war seines Charakters Stahlgehalt, und Treue deren Goldgehalt. Er hat sie bewiesen „bis in den Tod“; er starb in der treuen Erfüllung seiner Pflicht: „Wer in der Liebe bleibt“ und stirbt, „bleibt in Gott und Gott in ihm.“ Sein Beispiel der Treue ist uns allen ein kostbares Vermächtnis und umgibt unsere Trauer um den Helden, Kameraden und Freund mit einer besonderen Weihe.

Durch den Heldentod unseres lieben Franz hat auch die Wissenschaft einen unersetzlichen Verlust erlitten. Nach dem Zeugnisse seiner ehemaligen Lehrer (Herr Oberstudienrat Steinberger, Günzburg) war er am Gymnasium ein strebsamer, tüchtiger Schüler. Besondere Vorliebe zeigte er für fremde Sprachen, deren er, wie er mir gelegentlich eines Besuches gestand, gerade 22 in Angriff genommen hatte. Als Musensohn an der Universität, dem Zentrum der Wissenschaft, arbeitete er mit Energie und Fleiß im semitischen und slavischen Seminar. Nicht ganz mit Unrecht nannte ihn daher Hansjakob, der verewigte Schriftsteller, „einen kleinen Mezzosanti“ (1774 – 1849) und eröffnete ihm die Perspektive „Sie haben so schlicht und klar geschrieben, dass Sie auch einmal Volksschriftsteller werden könnten.“ Er war auf dem besten Wege dazu: Proben seines literarischen Talentes gab er in den klassischen Schilderungen der selbsterlebten Kämpfen vor Verdun, die er im „Raphael“, der besten Jugendzeitschrift, die ich kenne, die im Kriege allmählich eine echte Soldatenzeitschrift geworden ist, in einer Reihe von Artikeln geboten hat. Auch als Dichter versprach er Großes und „begründete die Hoffnung, einst ein schwäbischer Hansjakob und ein katholischer Rosegger zu werden“ (Schmidinger) – Mit Foerster, dem bekannten Pädagogen, stand er bis zu seinem Tode im regen Briefwechsel. So konnte man die besten Erwartungen auf ihn setzen. Indes, „was sind Hoffnungen, was sind Entwürfe, die der Mensch, der flüchtige Sohn der Stunde, aufbaut auf betrüglichem Grunde?“ Noch mehr als an unzählig anderen drängen sich an diesem Heldengrabe bange Warum-Fragen unserem Geiste auf. Warum hat Gott dem Leben dieses vielverheißenden jungen Mannes, der der katholischen Sache so reichlich hätte dienen können, ein so frühes und jähes Ende bereitet? Warum knickte er diese seltene Menschenblüte, noch ehe sie ihre volle Pracht entfalten konnte? Warum musste dieser lautere Charakter, um den so viele Tränen fließen, ein Opfer des Krieges werden? „Warum „der Stern, der erst am Aufgehen war“ (Schrönghamer-Heimdal) schon untergehen? Aber das Licht erlosch ja nicht: Es wurde wie die weiße Mette-Kerze nur hinter den Altar getragen: Es ist ein ewiges Licht im Himmel. Warum also starb er? Weil er reif war für den Himmel. „Früh vollendet, hat er viele Jahre erreicht.“ Nicht die Zahl der Jahre, sondern ihr Inhalt gibt dem Leben seinen Wert. Warum sterben gerade die Besten? Isabelle Kaiser, die schweizerische Handel-Mazetti, gibt darauf die bezeichnende Antwort, „die minderwertig Überlebenden werden dadurch gebessert“. „Was Gott fügt, das ist gut, sei`s Leben oder Sterben,“ sagt Franz in seinem „Nachlass“. Ob wir leben oder Sterben, wir sind des Herrn.“ Dieses Wort aus dem Römerbriefe legt neben den Quell unserer Zähren auch gleich das Tuch, um sie zu trocknen. Als ein Kind der göttlichen Vorsehung ging Franz durchs Leben. „Mein Los ist, wie es Gott gebeut“ und so mahnt er im vorhinein, „denk`, es ist im Herrn geschehen – er wird alles gleichen.“

Am Tage vor seinem Tode schrieb er mir: „Gott steht mir bei und so wird sich alles zum Besten wenden.“ Und gleichzeitig nach Donauwörth an seinen väterlichen Freund: „Unter des Herrn Fittichen wird mir kein Unheil geschehen.“ Die letzten Zeilen schrieb er noch am 16. April an seinen hochverehrten Direktor des Georgianums, einige Stunden vor seiner Verwundung: „Mitten aus der großen Abwehrschlacht heraus ehrfurchtsvolle Grüße. Eine heiße Woche liegt hinter mir. Mir hat Gott bis hierher wunderbar geholfen. Im Vertrauen auf seinen weiteren Beistand und auf das Gebet meiner lieben Georgianer Ihr ergebener Galgenmüller:“ Er baute auf denjenigen, dem schon David sein Hirtenlied gesungen: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil.“ –

Unsere trüben Augen vermögen gar oft Gottes Pläne nicht zu durchschauen. „So hoch der Himmel über der Erde, so hoch stehen Gottes Gedanken über den Menschen Gedanken.“ Wir sind ab und zu wie kleine Kinder, die ein Naschwerk, ja das Gift dem täglichen Brote vorziehen. Wir bauschen unsere Sonderwünsche zu Forderungen auf, deren Erfüllung uns unerlässlich scheint. Wir stehen mit unseren Gedanken auf dem kleinen Standpunkt des Diesseits: Gott, der unsterbliche König der Zeiten, urteilt von der Hochwarte der Ewigkeit aus. Die Ansichten der ewigen Weisheit und der menschlichen Beschränktheit gehen darum himmelweit auseinander, wenn es gilt zu entscheiden, „was für uns zum Besten gereicht!“ Was Gott tut, ist wohlgemeint.

Eine ehrenvolle Laufbahn in der Welt wäre dem sprachkundigen Studenten sicher gewesen. Nach einigem Ringen um seinen Beruf ließ er sich vom idealsten Fluge leiten: er wurde Theologe. „Ein vollgeschütteltes und gerütteltes Maß“ von Anlagen brachte er mit zu dem erhabenen Berufe. Es waren gut gewogen „fünf Talente“: Eine christliche Erziehung, die wertvollste Mitgift aus dem Elternhause, eine gediegene Frömmigkeit, die er im ersten Priesterseminar, auf dem Schoße der lieben Mutter lernte, ein goldenes Herz voller Güte und Liebe, eine rein bewahrte Jugend im Glanze der Unschuld. Nur einen Monat war er im Seminar. Der böse Krieg holte ihn heraus. Nach allem, was man von ihm sah und hörte, war er nach dem Zeugnisse seines Direktors (Herrn Universitätsprofessor Dr. Weigl) ein gottberufener Theologe, der zu den schönsten Hoffnungen in seinem freigewählten und mit voller Begeisterung festgehaltenen Berufe berechtigte. „Ich freue mich der Entfaltung seines Könnens und der inneren Kraft, mit welcher er sein Lebensziel festhielt,“ versichert sein Divisionspfarrer (R. P. Polykarp). Der Nachwuchs des katholischen Klerus hat durch den Verlust Galgenmüllers einen schweren Blutzoll bezahlt.

„Er hat am Altar das heilige Opfer nicht feiern dürfen, er ist aber doch im heiligen Opfergeiste gestorben,“ tröstet der Hohepriester auf dem Bischofsstuhle zu Speyer, der „Soldatenbischof“ Faulhaber in seinem höchst ehrenden Schreiben an die Hinterbliebenen. An sie erging das Wort, das einst Jehova zu Abraham gesprochen: „Bring` mir deinen Sohn zum Opfer.“ Er opferte sein Leben auf dem Altar des Vaterlandes; ihr, trauernde Angehörige, opfert ein Leben, das liebste und teuerste. Das heißt Primiz: Erstlingsopfer! Seht nur hin auf den blutigen Primizaltar des Kreuzes und ihr werdet von der Mutter des ewigen Hohenpriesters lernen, die blutenden Herzen als goldene Weihegeschenke neben dem Altar aufzuhängen. Im himmlischen Heiligtum, am goldenen Altare wird unser guter Franz, wie er vor seinem letzten Abschied sagte, „im Himmel droben Primiz feiern“, in jenem Dome, wo „Raphaelsche Lichtgestalten zum heiligen Dienst die reinen Hände falten“. Daran denket, wenn das Herz brechen will vor Leid und Vereinsamung und die „harte Rede“, „nicht mein, sondern dein Wille geschehe“, nur schwer über die Lippen geht. Glaubet`s nur, liebe Heimatkinder, einmal im Unglück und in den Ölbergs- und Karfreitagsstunden zu beten: „Dein Wille geschehe wie im Himmel also auch auf Erden“ hat weit mehr Wert als im Sonnenschein des Glückes und der Freude tausendmal zu wiederholen: „Gottlob und Dank!“ Störet deshalb, ich bitte euch darum, die Ruhe unseres toten Helden nicht durch übermäßige Trauer! „Weinet nicht wie die, welche keine Hoffnung haben!“

Das Recht der Klage um einen so edlen Sohn und ausgezeichneten Bruder will ich gewiss nicht streitig machen. Er war ja „euer Stolz und eure Krone“, er war, was der junge Tobias seinen Eltern: „Das Licht der Augen, die Stütze eures Alters und der Trost eures Lebens.“ In einer Augsburger Zeitung zeigten unlängst Eltern den Heldentod ihres Sohnes an und setzten hinzu: „Das war der erste Kummer, den er uns bereitet hat.“ Ohne jede Übertreibung gilt das von eurem Sohne und Bruder, der das Vermächtnis seines guten Herzens und seiner treuen Liebe niedergelegt hat in dem ergreifenden Liede, das er vor Verdun gedichtet und mit der Adresse: „An meine Mutter“ versehen hat. Wenn du mir darum mit dem Psalmisten sagst: „Meine Seele ist voll des Jammers,“ so antworte ich dir mit dem Propheten: „Siehe, dein Sohn lebt.“ Euer Sohn und Bruder wird eure Freude sein in der Ewigkeit, wie er es gewesen in der kurzen Lebensfrist. Er ist „unter die Kinder Gottes gezählt und sein Anteil ist unter den Heiligen“, dieser Gedanke vermag den Trennungsschmerz zu mildern; er erhellt wie ein funkelnder Stern das Dunkel der Grabesnacht. In diesem Lichte erscheint uns das Grab nicht bloß als ein schauriges, ernstes Memento mori, sondern auch als ein liebliches Vergiss mein nicht: „Der Tod zerreißt nicht bloß die zarten Familienbande, er knüpft auch die zerrissenen wieder an. Die Liebe ist stärker als der Tod.

Hochansehnliche Trauerversammlung! „Nach der Heimat möcht`ich wieder.“ Die Sehnsucht klingt aus tausend Briefen, singt in tausend Liedern, lebt in tausend Herzen, schwebt auf tausend Lippen. Die irdische Heimat, an der Franz mit allen Fasern seines Herzens hing, von der er so schwer Abschied nahm, sah er nicht mehr. Am Pilgerstab wollte er, so schrieb er vom Felde, im Falle glücklicher Heimkehr nach Rom, der Ewigen Stadt, wallen. Nun ist er bereits in der ewigen Stadt Gottes, „wo es keine Träne, kein Leid und keine Trennung mehr gibt.“ Der große Herrgott, der sich von einem kleinen Menschenkind niemals an Großmut übertreffen lässt, der Ritter vom Kreuz hat ihm „die Krone des Lebens“ gegeben, die unendlich mehr wert ist als der Siegeskranz, den das dankbare Volk den heimkehrenden Kriegern flicht. Der ewige Feldherr hat den tapferen Streiter versetzt in die himmlische Walhalla und lässt uns zum Gruße sagen wie dem Petrus am Ostermorgen: „Ihr werdet ihn wiedersehen!“ Bis zu dieser Stunde ist allerding noch ein schwerer, einsamer Weg. Aber blicket hinauf zur Heimat über den Sternen. „Dort wird es einst tagen“, „dort findet die Seele die Heimat, die Ruh`“, am Vaterherzen Gottes. Nach einer „kleinen Weile“ wird dann buchstäblich zutreffen, was unser toter Bruder so oft gesungen, wenn er in Neu-Ulm, seiner Garnison, mit seiner Mannschaft durch die Straßen zog im gleichen Schritt und Tritt:

„In der Heimat, in der Heimat,
Da gibt`s. ein Wiederseh`n!“

Amen.“

Man begrub Franz Galgenmüller auf dem Soldatenfriedhof Sissonne in Block 9, Grab 197.

Trauerrede für Franz Galgenmüller

Sonderbeitrag: Die Predigt [Trauerrede] für Alois Auer am 12.10.1916 in Ampfing

Aufgrund des Erwerbs einer schriftlichen, feierlichen Trauerrede / Predigt für einen Gefallenen, hier ein Sonderbeitrag zu diesem Dokument, das ich kürzlich erwarb:

Der Soldat Alois Auer wurde am 12.09.1894 in der bayerischen Gemeinde Ampfing geboren. Er war Student der Theologie (cand. theol.) im Erzbischöflichen Klerikerseminar und Königlichen Lyzeum Freising. Im Ersten Weltkrieg diente er als Vizefeldwebel und Offiziersaspirant im 1. bayerischen Reserve-Jägerbataillon. Er wurde wegen seiner tapferen Haltung mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet. Am 14.09.1916 fiel er im Alter von 22 Jahren während der Schlacht um Verdun im Chapitre-Wald.

Man begrub Alois Auer auf dem Soldatenfriedhof Hautecourt-lès-Broville in einem Massengrab.

Der Text der Trauerrede im Wortlaut (Zeichensetzungsfehler etc. wurden bewusst übernommen):

„Christliche Trauerversammlung!

Wir stehen jetzt an der Grabstätte der ehrengeachteten Familie Auer; unsere Gedanken aber eilen weit hinweg von hier, eilen hinüber über Berg und Tal, hinüber über die Grenzen des Reiches, bis sie zur Ruhe kommen an jener schrecklichen Stätte, an der schon so viel Heldenblut geflossen, an den Höhen und Schluchten von Verdun; dort suchen wir im Geiste einen, der uns allen so lieb und teuer war, dort suchen wir den wohlgeborenen Herrn Alois Auer, Kandidaten der Theologie im Erzbischöflichen Klerikerseminar und Königlichen Lyzeum zu Freising, Vizefeldwebel und Offiziersaspiranten im 1. bayerischen Reserve-Jägerbataillon, der am 14. September dieses Jahres sein junges hoffnungsvolles Leben fürs Vaterland hingegeben hat.

Wir alle, Andächtige, haben den teuren Toten so gut gekannt. Ihr habt ihn in Eurer Mitte aufwachsen sehen und habt Euch gefreut über den freundlichen geweckten Knaben, der so frisch und froh in die Welt hineinschaute und der so rasch die Herzen aller gewann, die ihm nahe kamen. Ihr habt Euch noch mehr gefreut, als der Knabe seinen Sinn auf das Höchste und Heiligste hinwendete, als er die Studienlaufbahn betrat um Priester zu werden. Rasch gingen die ersten Studienjahre in Burghausen vorüber; Lehrer und Vorgesetzte lernten den jungen strebasmen Alois bald schätzen und lieben und schickten ihn stets mit prächtigen Zeugnissen heim in die Ferien; so konnte er bereits im Jahre 1908 in das Erzbischöfliche Knabenseminar in Freising aufgenommen werden. Von da an haben wir ihn immer unter unseren Augen gehabt und konnten Zeugen eines Studentenlebens sein voll heiterer unschuldiger Jugendfreude aber auch voll ernsten gewissenhaften Strebens, gekrönt mit herrlichen Erfolgen.

Alois war ein Student, wie man sich ihn wünschen kann. Eine sonnige Heiterkeit leuchtete aus seinem ganzen Wesen und machte ihn überall gerne gesehen und gelitten. Wo es heiteres Spiel, ein unschuldiges Vergnügen gab, da war er dabei; er war aber auch mit ganzer Seele dabei, wenn es galt ernst zu studieren und angestrengt zu arbeiten; so war er seinen Studiengenossen ein lieber Gefährte und trauter Jugendfreund und seine Lehrer und Vorgesetzten schätzten ihn als einen ihrer allerbesten und verlässigsten Schüler und Zöglinge. – Alois war aber auch ein frommer Jüngling; im Grunde seines Herzens wurzelte eine ernste gewissenhafte Lebensauffassung uns seine edel angelegte Seele fühlte sich hingezogen zu ihrem Herrn und Gott. Woche für Woche konnten wir ihn während der Studienjahre zu den heiligen Sakramenten gehen sehen und oft fand er sich aus eigenem Antrieb in der Kapelle ein um seinen Heiland zu begrüßen und seinen Rat und Beistand zu erflehen. Alois zeigte diese Seite seines Wesens nicht gerne nach außen, und wer ihn nur oberflächlich kannte, vermutete in dem heiteren Jüngling nicht eine so ernste und gediegene Geistesrichtung; wer aber tiefer in seine Seele schauen konnte, der war freudig erstaunt über das Edle und Schöne, das ihm heraus entgegensprach.

Die Gymnasialjahre gingen zu Ende; Alois bestand die Absolutorialprüfung mit sehr gutem Erfolg; in gehobener Stimmung feierten 56 Absolventen ihren Abschied; in Begeisterung sangen sie damals: „Den Jüngling reißt es fort mit Sturmesgewehr fürs Vaterland in Kampf und Tod zu gehen“; die lieben jungen Leute ahnten nicht, wie bald das zur ernsten Wirklichkeit werden würde, und dass am heutigen Tage schon 12 von ihnen ihr Leben für das Vaterland hingegeben haben würden. Noch einmal kam ein großer Teil von ihnen zusammen um einen lieben früheren Mitschüler, der einer schweren Krankheit erlegen war (Franz Ganser in Wasserburg), die letzte Ehre zu erweisen; dann gingen sie auseinander, um nie mehr vollzählig zusammen zu kommen. Um jene Zeit war schon das Wetterleuchten des nahen Krieges wahrzunehmen. Unser Alois ging damals ernst in sich und prüfte sich lang und gründlich, ob er wirklich dazu berufen sei in das Heiligtum des Priesterstandes einzutreten. „Bei Gottist Rat“ dachte er und zog sich zu den heiligen Exerzitien in das Kloster Ettal zurück. Dort wurde ihm auch Rat und Erleuchtung, und er war nun fest entschlossen Priester zu werden und in das Erzibschöfliche Klerikerseminar einzutreten.

Da kam der Krieg und rief so viele Männer und Jünglinge und rief auch unseren Alois. Anstatt in das Priesterseminar ging es nun in die Kaserne. Wir freuten uns, dass er gerade nach Freising kam und dass wir ihm nahe sein konnten, und auch er ging so gerne in die lieb gewordenen Seminarien um sich dort geistig und körperlich zu erfrischen. – Wie er vordem ein ganzer Student gewesen, so war er jetzt ein ganzer Soldat und oblag mit großerm Eifer seiner militärischen Ausbildung. Das wurde bald von seinem Vorgesetzten beachtet und anerkannt und so wurde er für einen Offizierskurs ausgewählt und rasch zum Oberjäger und Vizefeldwebel befördert. Als solcher wurde er im September vorigen Jahres in das Feld abgestellt und dort trug er ein Jahr lang all die Mühen und Entbehrungen und Gefahren, an denen dieser schreckliche Krieg so reich ist; er trug sie unverdrossen und unverzagt und bewahrte stets seinen frohen Mut und sein Gottvertrauen. Für seinen Mut und seine Tüchtigkeit wurde er durch Verleihung des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet und außerdem wurde er zur Beförderung zum Leutnant vorgeschlagen. – Schmerzlich berührte ihndas Hinscheiden sovieler lieber Studiengenossen und Jugendfreunde und teilnahmsvoll meldete er darüber in die Heimat. Noch am 10. September schickte er solche Trauernachrichten; zugleich aber fügte er bei, dass auch er in einer sehr gefährlichen Lage sei und viel zu ertragen habe: „Nur die Religion vermag da einen aufrecht zu halten“ beteuerte er; „bis jetzt bin ich glücklich durchgekommen, aber wie lange noch? Doch sei es ihm wie Gott will; ich bin vorbereitet fürs Jenseits. – Heute, Sonntag, hatten wir Gottesdienst im Waldlager, aber schon sind wir wieder im Vormarsch. – Möge die Himmelsmutter, deren Fest wir heute feiern, mir beistehen!“ So schrieb er am 10. September und am 14. September ist sein jugendliches Leben ausgelöscht worden und ist sein Herz allzufrüh im Tode gebrochen.

Tief erschüttert stehen wir alle vor dieser traurigen Gewissheit und es wird uns schwer die rechte Fassung zu finden. Es sind in tiefer Trauer die Freunde und Studiengenossen des teuren Alois; sie waren ihm ja so herzlich zugetan und wären heute wohl alle gerne hierher gekommen; aber der rauhe Krieg hält sie zurück. Ihre Stimmung schildert eine Zuschrift, in der es heißt: „Eine unendlich traurige Stimmung liegt seit dieser Nachricht auf mir; das Gefühl des Verlassenseins und der Vereinsamung drückt mich mehr und mehr; denn mit dem lieben Alois ist der letzte dahingegangen, mit dem ich schon am Gymnasium gerne verkehrt und seitdem uns der Krieg trennte, in ständigem Briefwechsel blieb.“ Es beklagen den lieben Toten seine Lehrer und Vorstände, die nun wieder einen ihrer Schüler und zwar einen der allerbesten und tüchtigsten verloren haben. Es ist schwer, so viele liebe junge Leute, die man wahrlich zu etwas anderem hätte heranbilden wollen, in den Tod gehen sehen müssen. So gerne hätten wir den Teueren noch bei uns gehabt um ihn dann später als Priester in die Heimat zu schicken, damit ein zweiter Sohn der Familie Auer dort sein erstes heiliges Opfer hätte feiern können und damit er dann gnade- und segensspendend in die Diözese hätte wirken können, und jetzt sind wir hier um in Vertretung der Freisinger Seminarien die letzte Ehre zu erweisen. Schmerzlich ergriffen ist die Geistlichkeit und die ganze Pfarrgemeinde von Ampfing, die sich schon so innig darauf gefreut, dass wieder ein Priester aus ihrer Mitte hervorgehen werde; es trauern die Erzbischöflichen Seminarien und die Erzdiözese, die ihre künftigen Priester, einen nach dem anderen, im Tode hinsinken sieht. Am tiefsten aber geht der Schmerz bei den guten Eltern und Geschwistern des Teueren; ihnen mag ungefähr zu Mute sein, wie einst der Mutter des Tobias, die ihren totgeglaubten Sohn mit den Worten beklagte: „Wehe mir mein Sohn!, warum doch ließen wir dich ziehen, du Licht unserer Augen, du Stütze unseres Alters, du Trost unseres Lebens, du Hoffnung unserer Zukunft?“

Indes, Andächtige, unser Schmerz kann und darf nicht ohne Trost sein! Als katholische Christen wissen wir, dass alles, auch das Schwerste und Bitterste von Gottes gütiger Vaterhand kommt, und so müssen wir auch diesen Verlust, der gwiss uns allen recht schwer und schmerzlich ist, in höherem Licht zu erfassen und zu tragen suchen. Wir dürfen sicher hoffen, dass unser teurer Held nun bei Gott einen herrlichen Lohn genießt. Er ist dahingegangen in der Unschuld seines Lebens, in heldenmütiger Pflichterfüllung, im Opfertod für die Heimat; er ist aus dem Leben geschieden, wie er selbst geschrieben, vorbereitet für das Jenseits, im Vertrauen auf die liebe Himmelsmutter. Wahrlich, eine solche Seele war Gott wohlgefällig und Gott hat wohl erfüllt, um was Alois schon als Knabe bei der heiligen Wandlung zu beten pfelgte:“ Lass mich sterben, wann du mich am liebsten hast!“ Gott wird ihn jetzt am liebsten gehabt haben, wird ihn noch mehr geliebt haben als Eltern und Geschwister und Freunde ihn lieben konnten, und so hat er ihn in seine beseligende Nähe gerufen. Was wir erst erkämpfen müssen, hat er schon siegreich erlangt. Unsere Aufgabe ist es nun in Geduld und Ergebung auszuharren und das Schwere, das auf uns allen liegt, starken Mutes zu ertragen. Aus dem Opfertod unserer edlen Helden wird uns hierzu viel Hilfe erwachsen; das Sterben gerade der Bravsten und Wackersten, der Edelblüten unseres Volkes, hat vor Gott einen großen Wert und bringt uns wieder Gnade und Segen von oben.

Wir stehen jetzt im Monat Oktober, im Rosenkranzmonat; o greifen wir da gerne zum schmerzhaften Rosenkranz und vereinigen wir unser Leid mit dem des Heilandes und der Gottesmutter; dann wird Gott uns aus der schmerzlichen Tränensaat eine freudige Ernte erstehen lassen und wird den bitteren Trennungsschmerz in die Freude des Wiedersehens verklären. Innigen Dankes voll werden wir danneinst mit Tobias beten können: „Groß bist du, o Herr, in Ewigkeit; du schlägst Wunden und heilest sie wieder; du führst in das Totenreich hinab und geleitest wieder zurück.“

Dass dies in Erfüllung gehen möge, in der Meinung haben wir in der Kirche gebetet und das heilige Opfer dargebracht, in der Meinung wollen wir noch oft unseres lieben Toten gedenken und auch jetzt,, bevor wir auseinandergehen wollen wir für ihn noch beten in Andascht das „Vater unser“ samt dem „Englischen Gruß.“

Alois Auer wird auch in der Gedenkliste der Erzdiözese München und Freising für die gefallenen Theologen des Ersten Weltkrieges aufgeführt: http://www.denkmalprojekt.org/2019/theologen-erzdioezese-muenchen-freising.html

Heft mit der Predikt für Alois Auer